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Staat, Krieg dienen einzig dem Schutz des Eigentums

Verantwortlicher Autor: Sergej Perelman Frankfurt am Main/Ostfildern, 02.09.2022, 17:31 Uhr
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Frankfurt am Main/Ostfildern [ENA] Viele fragen sich derzeit, wie es sein kann, dass wir nach den beiden Weltkriegen, nach dem Blutvergießen danach immer noch nicht dabei gelernt haben und unverändert Krieg führen. Wozu? Was stimmt, was täuscht an den Gründen, dargeboten von Politik, Medien und Meinungsmachern? Nachstehend wird auszugsweise aus einer Schrift von Leo Tolstoi wörtlich und sinngemäß zitiert, um seine Analyse hierzu vorzustellen.

"Staaten und Regierungen intrigieren und gehen in den Krieg um Eigentum, bald um die Ufer des Rheins, die Länder in Afrika, bald um China und den Balkan; die Bankleute, die Händler, die Fabrikanten und Landbesitzer arbeiten, planen und qäulen sich und die andern nur um Besitz. Die Beamten kämpfen, betrügen, unterdrücken und leiden nur zugunsten des Besitzes. Unsere Gerichte, unsere Polizei verteidigen den Besitz. Unsere Strafkolonien und Gefängnisse, alle die Greuel unserer sogenannten Unterdrückung des Verbrechens existieren nur zum Schutz des Eigentums."(1)

"Es gibt nur einen einzigen Mächtigen Hehler, der alle Ungerechtigkeit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung schützt, und dieser Verbrecher ist der Staat. Nur um das Eigentum zu schützen, ist er nach seiner [sc. Tolstois, d.V.] Meinung erfunden worden, nur zu diesem Zwecke hat er sein vielgliedriges System der Gewalt aufgerichtet mit Gesetzen, Staatsanwälten, Gefängnissen, Richtern, Polizisten, Armeen. Aber als das fürchterlichste und gottloseste Vergehen des Staates betrachtet Tolstoi das erst in unserem Jahrhundert [sc. 20. Jh., d.V.] erfundene, die allgemeine Wehrpflicht."

"Nichts bedeutet ihm eine solche Herausforderung des 'christlichen Menschen', die Satzung Christi, die Gebote des Evangeliums zu verraten, als daß er sich dem staatlichen Befehl fügt, ein Mordwerkzeug sich in die Hand zwingen läßt, um einen völlig unbekannten Menschen zu töten, um irgendeiner zufälligen Parole willen - Vaterland, Freiheit, Staat -, einer Parole, die, wie Tolstoi immer wieder eifert, nichts anderes verbirgt als den Willen, ein Eigentum zu schützen, das ihm selber nicht gehört... daß ... Menschen gezwungen werden..., auf staatlichen Befehl sich gegenseitig abzuschlachten - gegen Gottes Gebot und gegen das innere sittliche Gebot... -"

"so kommt Tolstoi ... zu dem Schluß, daß es Pflicht ist jedes sittlich denkenden Menschen, dem Staate Widerstand zu leisten, wenn er von ihm 'Unchristliches', also Militärpflicht fordert, und zwar Widerstand nicht durch Gewalt, sondern durch 'non-résistance'."(2) "Diebe, Räuber, Mörder, Betrüger sind ein Beispiel für das, was man nicht tun darf, und wecken in dem Menschen Abscheu vor dem Bösen. Die Menschen aber, die Taten des Diebstahls, des Raubes, des Mordens, der Züchtigung verüben und sie durch religiöse, wissenschaftliche, liberale Rechtfertigung beschönigen, die es als Grundbesitzer, Kaufleute, Fabrikanten tun, rufen die anderen zur Nachahmung ihrer Taten auf und tun nicht nur denen Böses, die darunter leiden,"

"sodern Tausenden und Millionen Menschen, die sie entsittlichen, indem sie für diese Menschen den Unterschied für gut und böse aufheben .. ein einziges Todesurteil, das von Menschen vollzogen wird, die sich nicht unter Einwirkung der Leidenschaft befinden, von wohlhabenden, gebildeten Menschen mit Zustimmung und unter Teilnahme christlicher Seelenhirten, entsittlicht und vertiert die Menschen mehr als Hunderte und Tausende von Morden, die von arbeitenden, ungebildeten Menschen begangen werden und meist im Überschwang der Leidenschaft..."

"Jeder Krieg, auch der kürzeste, mit allen den Krieg begleitenden Verlusten, Diebstählen, geduldeten Ausschweifungen, Räubereien, Morden, mit der vermeintlichen Rechtfertigung ihrer Notwendigkeit und Gerechtigkeit, mit der Lobpreisung und Verherrlichung ihrer Kriegstaten, mit Gebeten für die Feldzeichen, für das Vaterland und mit der Heuchelei der Sorge für die Verwundeten, entsittlicht in einem Jahre die Menschen mehr als Millionen Räubereien, Brandstiftereien, Mordtaten, die im Lauf von Hunderten Jahren von einzelnen Menschen unter Einfluß der Leidenschaft begangen werden."(3)

(1) Leo Tolstoi: Was sollen wir denn tun? II, 229-230. Zitiert nach: Eugen Drewermann: Die Apostelgeschichte. Wege zur Menschlichkeit, Patmos Verlag 2011, Ostfildern, 276.

(2) Stefan Zweig: Tolstoi als religiöser und sozialer Denker, in: Menschen und Schicksale, 103-104. Leo Tolstoi: Das Reich Gottes II, 229-230. Zitiert nach: Eugen Drewermann: Die Apostelgeschichte. Wege zur Menschlichkeit, Patmos Verlag 2011, Ostfildern, 276-277.

(3) Leo Tolstoi: Was sollen wir denn tun? II, 229-230. Zitiert nach: Eugen Drewermann: Die Apostelgeschichte. Wege zur Menschlichkeit, Patmos Verlag 2011, Ostfildern, 277.

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